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Gleich ist Feierabend, noch schnell die letzten Gläser polieren, dann ist Schluss.

Jemand kommt zur Tür herein, ich kann es nicht genau sehen, die Lichter im Gastraum sind längst aus. „Geschlossen“ ruf ich durch den Raum. „Morgen gern wieder“

Ich dreh mich wieder zu meinen Gläsern, nur noch die Spülmaschine abstellen, das wars. Jemand ist da, am Tresen, ich spüre es. Ich dreh mich um, und da steh er. Genau der, der eben noch in der Tür stand. Er ist nicht viel grösser als ich, trägt normale Jeans, eine Jacke und ein Tuch über dem Gesicht. Es ist eines dieser schwarz- weissen Tücher, die mit den kleinen Rauten. Nur die Augen kann ich sehen, und auch die nur schlecht, er steht immer noch im Schatten. Dann kommt er hervor. Ich sehe den Revolver in seiner Hand. Er hält ihn direkt auf meinen Kopf zu. Kein Zittern oder wanken. Der meint es ernst.

„Wo ist Geld?“ fragt er und der Revolver zielt weiter auf meinen Kopf. „Wo?“ Er wird lauter, drängender, und kommt näher.

Im Keller ist der Chef, hinten im Büro, ich müsste laut schreien, dass er mich hört. Und ich muss an dem Revolver vorbei, um nah genug an die Treppe zu kommen, damit man mich dort unten hören könnte.

Mittlerweile steht er direkt vor mir. „Wo ist Geld?“ wiederholt er. Ich könnte den Revolver greifen, so nah ist er. Ich sehe die Kugeln in der Trommel, jede Einzelne glänzt leicht. „Hier ist kein Geld“, versuch ich stammelnd zu erklären “alles schon auf der Bank“, und probiere beim reden Richtung Treppe zu kommen. Mein Herz hämmert so laut, das ich denke, er müsste es auch hören. Ich weiss nicht wie, ich muss mich bewegen, ich muss zur Treppe. Alles läuft wie in Zeitlupe. Meine Arme und Beine wollen sich einfach nicht bewegen lassen. Doch dann machen sie mit. Geschafft, es langt. Ich rufe die Treppe runter nach meinem Chef. „Komm hoch“ ruf ich. Meine Stimme überschlägt sich fast. „Hier ist Einer“. Warum ich nicht einfach panisch Überfall gerufen habe, kann ich beim besten Willen nicht sagen, aber er reagierte. Ein unwilliges „Was ist?“ höre ich von unten, ein drängendes „gib mir Geld“ während er die Schubladen durchsucht, von oben. Ich spüre die Panik, die hinaus will. Ich muss ruhig bleiben. Und versuche es nochmal. „Chef, kommen Sie hoch“ Ich denke, die Panik in der Stimme ist nicht mehr zu leugnen, und er kommt. Endlich! Rennend, fast stürmend poltert er die Treppe hoch. In der Zwischenzeit hat der Andere das Portemonnaie gefunden. In dem Moment merkt er, dass es kein Bluff war, das da wirklich jemand die Treppe hoch kommt, und rennt los Richtung Ausgang, mein Chef direkt hinter ihm, noch über die Schulter brüllend, „Ruf den Notruf“.

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