Hervorgehoben

Splitter sind Splitter sind Splitter


Ich erinnere mich nicht wirklich an meine Kindheit. Das wenige, an das ich mich erinnere, sind glückliche Momente. Aber wenn ich mir Mühe gebe, und nach Erinnerungen suche, die nicht mit irgendwelchen Fotos in Zusammenhang stehen, dann sind es selten schöne Erinnerungen, die hoch kommen.
Wenn ich mich selbst beschreiben müsste, dann wäre wohl „unabhängig“ eines der ersten Attribute, die ich nennen würde. Ich bin stark, optimistisch und natürlich einfach toll 😉

Am 6. Februar 2017 habe ich diesen Text veröffentlicht. 2017 fühlte ich mich, wie oben beschrieben. Die Welt wollte erobert werden, und ich war entschlossen dazu.
2019 erlitt ich eine depressive Episode. Es ist schön, dass die Betitelung auf ein Ende hoffen lässt. Aber 2019 war für mich nichts, als ein schwarzes Loch. In diesem Jahr habe ich quasi nicht existiert. Unterer Text beschreibt meinen Zustand damals ziemlich gut. Noch heute spüre ich diesen inneren Drang, der mich damals diesen Text schreiben lies. Ich sehe das Bild vor mir, rieche die offenen Wunden, die da vor mir liegen, spüre die schwindende Wärme, die noch vom Körper ausgeht und höre den flachen Atem.
Heute wird dieses Bild durch eine weitere Dimension erweitert. Heute weiss ich wirklich, wie es sich wirklich anfühlt. Heute weiss ich, wie schwerwiegend die Folgen sind.
Diese Hoffnung am Ende des Textes nimmt mich heute noch gefangen und verursacht eine Gänsehaut. Nicht, dass sie überhaupt existiert, sondern weil ich heute weiss, wieviel es mich gekostet hat, diese Hoffnung wieder zu finden.
Die Tatsache, dass ich das hier teile, und es ist bereits 2022, ist ein weiterer Schritt auf dem Weg zurück zu mir.
Und vielleicht auch ein Schritt dahin, meinen „Splittern“ wieder mehr Aufmerksamkeit zu widmen.
Wenn ich schreibe, vermischen sich Erfahrungen und Erzählungen anderer mit den Dingen, auf dir aufmerksam werde, egal warum. Und ein ganz kleines bisschen schreibe ich von mir, von meinen Wünschen und Hoffnungen und Träumen.
Aber meine Splitter kommen aus meinem Herzen. Sie sind ein Teil von mir. Nur von mir.

Liebe

Meine Seele liegt zusammengekauert am Boden. Die Flügel sind gebrochen, lange, hässliche Narben, ausgefranste Wunden und nacktes schutzloses Fleisch sind auf dem ganzen Körper zu sehen. Alles ist ein schmutziger, eckeliger Rest, ein schlechter Abklatsch, von dem, was sie mal war. Meine Seele ist am Boden zerschellt, ich bin am Leben zerschellt.

„Splitter sind Splitter sind Splitter“ weiterlesen
Werbung
Hervorgehoben

Meine Welt steht Kopf


Geht es euch auch so?

Immer öfter führe ich Gespräche, die meine Welt auf den Kopf stellen. Gerade erst wusste ein Autorenkollege nicht, was ein Spannungsbogen ist. Oder ein Twist. Er schreibt nicht erst seit gestern. Aber das wirklich verwirrende daran war, dass es ihn garnicht interessierte. Tolle Geschichten zum Lesen wolle er schreiben. Und er hätte doch Leser. Er schreibt sich einfach alles aus dem Kopf und findet das gut und richtig so.

Es spricht ja nichts gegen diese Haltung. Dafür gibt es sogar einen Fachbegriff: kreative Freiheit heisst das.

Ich bin in der Zwickmühle. Ich weiss, wie es besser geht. Gefühlt habe ich es selber doch grad erst gelernt. Ich war dankbar. Konstruktives Feedback lässt mich besser werden. Aber jetzt ist es quasi aufdringlich, fast schon übergriffig, wenn ich sage, dass der Spannungsbogen fehlt.

Wie darf ich mir das denn vorstellen? Wird es demnächst nur noch Geschichten geben, die von Wortwiederholungen und Füllworten nur so überquellen? Denen neben dem Spannungsbogen auch jeglicher Sinn fehlt, weil jetzt alle nur noch ihren Kopf leer schreiben? Weil die eigene Schnupfbiografie das Non plus Ultra ist?

Ist es zu viel verlangt, dass sich Autoren mit ihrem Handwerk auseinandersetzen?

Wie wichtig darf und muss das Können sein? Wie wichtig ist es dir?

Hervorgehoben

Enttäuschungen


Ich wollte schreiben, neue Geschichten in die Welt lassen, ihnen Raum und Leben geben.
Zum ersten Mal wollte ich gezielt konstruieren und das Gerüst mit Bildern füllen.

Es ist mir nicht gelungen.

Jetzt habe ich einen tollen Ort, lauter nette Charaktere…. na ja, fast, jede Generation braucht ihr Arschloch 😂
Aber immernoch kein Drama, dass diese Geschichte voran treibt.

Ich war so enttäuscht. So viel Recherche, so viel Umtrieb… für nix.
Und dann, gestern, unterwegs, da war ich mal wieder auf meiner Seite.
Schreiben bedeutet für mich so ein Kribbeln in den Fingern, eine Unruhe tief hinten im Kopf und immer wieder Bilder zur Geschichte vor Augen. Der Prozess vom ersten Absatz bis zur Auflösung am Ende elektrisiert mich auf ganz wunderbare Weise.
Beim Lesen meiner alten Geschichten kam die Erinnerung daran wieder hoch. Und meine Enttäuschung löste sich einfach auf. Weil die Gänsehaut einiger Geschichten immernoch funktioniert, weil ich das Echo immernoch in mir spüre.
Ich konnte die Geschichte jetzt nicht schreiben. Aber ich bin sicher, meinen Protas ihre Geschichte zu geben. Nur eben später. Wenn es wieder Kribbelt. Denn nur dann werden die Geschichten gut.

Hervorgehoben

#aboutme


Ich gebe nicht gern etwas preis. Dass ich veröffentliche, wissen nur sehr wenige.
Das odere Bild zeigt meine erste Bewertung zu meinem Tomatenbuch. Und ich zeige euch das, weil ich Mut machen möchte.
Mit der Veröffentlichung, mit jeder Veröffentlichung gebe ich etwas von mir preis. Bei einem Ratgeber, könnte man jetzt denken, kann nicht viel persönliches dabei sein. Aber ihr irrt. Alte Tomatensorten sind eine Leidenschaft von mir. Von der Aussaat bis zur letzten Ernte und Verarbeitung versuche ich, so viele Leute wie möglich ebefalls davon zu begeistern. Es ist ein Teil von mir. Alte Sorten, nachhaltiger Anbau… Dinge im Garten selbst machen. Ich bin stolz darauf.
Aber ich hatte Angst vor dem, was ich nicht weiss, nicht kann. Wer bin ich schon? Ich hatte Angst vor einer schlechten Bewertung, vor Kritik und Hähme. Darum ist diese erste Rezension so wichtig. Für mich, und für alle, die vielleicht gerade noch den Mut suchen, etwas Neues zu wagen.

Hervorgehoben

Märchen von heute


Hier eine weitere Übung; 5 Wörter auf maximal einer Normseite verbaut. Für Feedback oder Eigenversuche bin ich wie immer dankbar.

Die 5 Wörter: Waschanlage, Sportwagen, Penthouse, Liebespaar, Balalaika

Und hier meine Geschichte.

Es war einmal ein kaufmännischer Angestellter, der hatte fünf Söhne. Sie waren nutzlose Parasiten, die ihn ständig anbettelten. Trotzdem liebte er sie. Da er nie “nein” sagen konnte, wenn sie ihn um etwas baten, überlegte er, wie er sie dazu bringen könnte, nicht mehr zu fragen.

Er beschloss, sie nacheinander zu sich zu bestellen, um das zu lösen. Und so machte er es auch.

Der erste Sohn kam zum Frühstück.
“Und, mein Sohn, was wünschst du dir am allermeisten?”
“Oh Vater, ein Sportwagen wäre wirklich das allerschönste, das ich mir wünschen würde”
“Nun Sohn, dann geh in die Welt und verdiene ihn dir.” Mit diesen Worten verabschiedete er seinen Ältesten. Der zweite wollte ein Penthouse, der dritte eine Waschanlage. Und ihnen erging es genauso.

Der Vorletzte, ein kreativer Geist, entschied er sich für die original russische Balalaika, weil er hoffte, der Vater würde sich lange genug mit diesem Wunsch für ihn beschäftigen. 

Als der Vater ihn hinausbegleiten wollte, stand sein Jüngster bereits im Flur. Auch mit ihm führte der Vater das Gespräch. Da der Junge aber wusste, was den anderen Wiederfahren war und das Scheitern seines Bruders vom Flur aus miterlebt hatte antwortete er seinem Vater:

“Vater, Liebe ist doch das Kostbarste. Ich wünsche mir eine Partnerin, mit der ich bis zum Ende meines Lebens ein Liebespaar sein kann. Und bis dahin bist du meine Familie.”

Überrascht von dieser Antwort legte er dem Nesthäkchen einen Arm um die Schultern und lud ihn auf einen Whisky ein.
“Wir könnten zusammen eine Reise machen, Vater. Was meinst du? Lädst du mich ein?”

Hervorgehoben

Wege des Todes


Das hier ist eine kleine Schreibübung, die in einer Autorengruppe entstanden ist. Fünf Worte waren vorgegeben: Ventilator, Videospiel, Urne, Wolldecke und Spritze.
Ich wünsche viel Spass beim Lesen. Feedback dazu wie immer gern erwünscht.

Ein Ventilator surrt beruhigend im Hintergrund und streift mich regelmässig mit einem kühlenden Luftstrom. In der stehenden Luft des Raumes ist er herzlich willkommen und ich schiebe die Wolldecke ein Stückchen weiter runter.

Gedämpfte Geräusche wollen mich aus dem Schlaf zerren. Etwas hartnäckiges in mir wehrt sich vehement dagegen. Nur noch eine Minute länger, nur noch mal kurz umdrehen denke ich mir. Irgendwo spielt jemand ein Videospiel. Der Lärmpegel schwillt auf und ab.Es knallt und scheppert ständig und wenn es ruhiger zu werden scheint, erklingen wütende Stimmen.

Ich sollte aufstehen und das beenden. Das «Sollte» drückt sich mehr und mehr in mein Bewusstsein. Die Liste wird länger, je mehr Zeit ich verstreichen lasse. Aber dafür müsste ich dieses weiche, warme Nest verlassen.

Vielleicht bleibt noch ein Augenblick, um mit meinem Schatz zu kuscheln, ihn zu küssen und ihm einen guten Morgen zu wünschen, bevor ich mich der Realität stellen muss. So ein Augenblick gestohlener Zeit, wie er es immer nannte. Nur wir, nur jetzt. Unsere Waffe gegen die Realität, egal wie schwer es werden würde.

Ich drehe mich auf die Seite und öffne langsam die Augen. Dünnes, fades Licht fällt in einen kleinen, lieblosen Raum. Die blassgrüne Wand, an der der Nachttisch seht, kenne ich nicht. Aber ich erkenne die Urne, die darauf steht. Diese Erkenntnis zerschmettert das Leben, in dem ich mich eben noch wähnte. Jemand schreit, dass es einem bis ins Knochenmark fährt. Die Spritze, die mich gnadenvoll in meine Träume zurück lässt, spüre ich fast nicht.

Hervorgehoben

Mutter


Der Friedhof nahe am Querschiff war der Schönsten, weil er die ältesten Gräber hatte.
Das sah man an den Grabsteinen. Von einfachen Platten bis fast dekadent verschnörkelten Steinen war hier alles zu finden. Es schien als lebten die Erinnerungen Jener zwischen den Steinen weiter. Wenn man näher ran ging, waren Daten wie 1922 oder sogar 1408 zu erkennen.
Letzteres wurde gerade „Mutter“ weiterlesen

Wurzeln


Manchmal möchte ich meine, meinen Prota schütteln. So richtig. Weil er oder sie mal wieder die falsche Entscheidung trifft. Das Falsche sagt, oder noch schlimmer, gar nichts sagt. Und dabei auch noch eine Körperhaltung an den Tag legt, die genau das bewirkt: dass man ihn oder sie so richtig durchschütteln will. Dass man denjenigen anschreien will: „Sag doch endlich mal das richtige! Wehr dich, verdammt! Oder geh einfach. Fang irgendwo neu an. Kein Neustart kann so viel kosten, wie das hier. Weil diese devote Haltung nicht nur der Person sondern auch dem Leben gegenüber am Ende teurer ist als jeder Neustart.“

Weil jedesmal, wenn man sich unterwirft, obwohl es weder richtig, noch angemessen ist, man jeden kleinen Riss spürt, der in diesem Moment die Seele aufreisst. Wie Wurzeln eines Baumes wachsen sie tief in die Seele und verzweigen sich mehr und mehr. Sie durchsetzen die Seele, machen sie mürbe und empfindlich. So lange, bis ein Federstreich ausreicht. Bis eine Winzigkeit genügt, um die Seele zu sprengen. Sie bricht nicht einfach, sie zersplittert in abertausend nicht wieder zusammensetzbarer Teile. Jedes Knacken, jeder weitere Bruch, jedes losgelöste Stück gebiert Wellen, die die Zerstörung weiter vorantreiben. Die Seele zerbirst unwiederbringbar, wird nicht wieder zu reparieren sein.

Und deshalb will ich schütteln und schreien und manchmal vielleicht auch schlagen und schubsen. Bis ich mich erinnere, das Seelen keine Zeit kennen und auch wenn die Zeit nie wirklich heilt, so gibt sie uns die Möglichkeit, in Ruhe zu heilen. Sie gibt uns die Möglichkeit alle Zeit darauf zu verwenden, und alle Teile zu finden, egal, wie weit sie verstreut wurden.